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FIBO Showdown Recap – Beobachtungen aus mentaler Perspektive

FIBO Showdown Recap – Beobachtungen aus mentaler Perspektive

Ich war am Wochenende auf der FIBO unterwegs und habe mir den FIBO Showdown angesehen. Ein spannender Partner-Wettkampf mit 6 Workouts und mehreren Heats. Über das gesamte Wochenende habe ich mega viele spannende Dinge beobachten können, von denen ich gerne drei mit euch teilen möchte, die mir als besonders wichtig (gerade in einem CF-Wettkampf!!!) erscheinen: Die Wichtigkeit von Coach-Athleten Interaktion, von Kommunikation und von Körpersprache während des Wettkampfes. 

Aber bevor ich starte, ist mir eine Sache noch sehr wichtig: Ich kann weder Gedanken lesen, noch in die Köpfe der Athleten und Coaches gucken. Das heißt: Ich weiß nichts über Absprachen im Vorhinein, taktisches Vorgehen etc der jeweiligen Sportler und Coaches. Ich habe im Studium zwar gelernt, Rückschlüsse aus Verhaltensweisen zu ziehen und welche Wahrnehmungsfehler man bei Beobachtungen machen kann und wie man diese Fehler vermeidet. Trotzdem ist das Folgende immer noch eine subjektive Schilderung durch meine Psychologie-Brille die nicht alle Informationen einbeziehen kann.

 

Ok, auf geht‘s:

Beobachtung 1: Coach-Athleten Interaktion

Interaktion ist Kommunikation, Austausch, Wechselwirkung, Beziehung, Kontakt, Umgang (um nur einige Aspekte zu nennen). Wenn Coach und Athlet sich austauschen, ist das eine Interaktion zwischen zwei Menschen und damit ist immer und zu jeder Zeit UNHEIMLICH VIEL PSYCHOLOGIE im Spiel. Dies geht sogar so weit, dass Athleten mit einer guten Coach-Athleten-Beziehung erfolgreicher in Training und Wettkampf sind, als Coaches und Athleten mit einer schlechteren Beziehung (siehe v.a. die Forschung von Sophia Jowett, Loughborough University). Gerade im Wettkampf, wenn möglicherweise Aufregung, Stress, Anspannung und die ganze Reizüberflutung im Spiel sind, erfordert es eine glasklare Kommunikation, damit Informationen wirksam ankommen und so verstanden werden, wie sie gemeint sind. Vor allem, wenn es um jede Millisekunde auf der Uhr geht.

Während eines Workouts stand ich direkt neben dem Rig, während ein Team sich bei den Ring Muscle Ups mit Medball abwechselte. Beim Satzwechsel rief der Coach, der direkt neben mir stand „Warum greifst du denn so???“ Für mich (und jetzt sind wir im Bereich der Interpretation) klang dieser Zuruf leicht gestresst und auch ein wenig vorwurfsvoll, aber gleichzeitig nach einer Aufforderung, die Griffart zu wechseln. Aber um die Tonart soll es hier nicht gehen, lasst uns den Satz mal ganz neutral betrachten und in den Kopf eines Sportlers schauen. Wenn dir jemand so eine Frage zuruft, wirst du vermutlich in deinem Kopf zunächst die Frage beantworten wollen und Gründe suchen, warum du nunmal so greifst. Im zweiten Schritt könnte dann eine Bewertung kommen “Ist das für den Moment eine zielführende Griffart ja/nein? Macht das Sinn, so wie ich das mache?” und im dritten Schritt die Überlegung “Warum ruft der Coach mir sowas zu? Soll ich wohl die Griffart wechseln?” und erst dann sind wir bei vermutlich dem Punkt, bei dem der Coach schon von Anfang an mit seiner Aussage war.


Quintessenz: Es braucht einige Zwischenschritte, bis man als Athlet (in einem Wettkampf, mit viel Geräusch und Action drumherum, die Kapazität von der Aufmerksamkeit abziehen) an die Information kommt, die man haben soll. Es muss viel eigene Denkleistung aufgewendet werden. Und selbst dann bleibt noch Interpretationsspielraum, was der Hintergrund dieser Frage gewesen sein könnte. Das heißt als Coach kann man nicht sicher gehen, dass auf so eine Frage auch die Aktion folgt, die man damit auslösen möchte.
Kurzum: Kommunikation kann deutlich effektiver gestaltet sein und damit deutlich schneller zum Ziel führen.

 Beispiel: “Wechsle in den false-grip!”

In dieser Aussage ist gleichzeitig eine klare Handlungsempfehlung und Aufforderung enthalten. Die ganzen Denkschritte zwischendrin, die der Athlet leisten muss, fallen weg. Genau so wie der Interpretationsspielraum. Es ist glasklar was zu tun ist. 

Also: Coaches, nehmt euren Athleten die (Denk-)Arbeit ab!

 

Beobachtung 2: Körpersprache

Was mir total im Kopf geblieben sind, sind die nonverbalen Aussagen einiger Athleten auf dem Competition-Floor:

Kopfschütteln, wenn die Ring Muscle Ups mit Medball nicht funktionieren, Kopfschütteln, wenn die Kettlebells beim Antesten vor dem Workout zu schwer erscheinen, Kopfschütteln, wenn man den Satz Bar Muscle Ups vorzeitig brechen muss, Kopfschütteln, wenn der Handstand-Walk nicht klappt. Kurzum: Sehr viel Kopfschütteln auf dem Competition Floor.

Doch was ist das für eine Message, dieses Kopfschütteln? Was signalisiert das? 

Hierfür ist es zunächst einmal wichtig zu verstehen, dass die Verbindung von Kopf und Körper in beide Richtungen funktioniert. Dazu einmal ein Beispiel außerhalb vom Sport:

Gedanken führen zu Körperreaktionen und zu Verhalten. Der Gedanke „Ich bin glücklich“ kann zum Beispiel zu einem Lächeln führen (Körperreaktion). Genau so funktioniert es aber auch umgekehrt: Wenn ich bewusst die Muskeln anspanne, die für das Lächeln zuständig sind, registriert das Gehirn „Die Muskeln fürs Lachen sind angespannt, ich muss wohl glücklich sein“. Somit führt auch eine Körperreaktion zu den entsprechenden Gedanken. 

Also, was signalisiert das Kopfschütteln im Wettkampf? -> „Das klappt nicht“, „Ich schaffe es nicht“, „Das ist zu schwer“, „Das wird nichts“, „Es läuft nicht“… Kurzum: Es signalisiert auf eine bestimmte Art und Weise Schwäche. Und das Spannende ist: Nicht nur der Athlet selbst kann dieses Signal wahrnehmen, sondern auch Teampartner oder sogar Gegner. Damit kann es (wenn auch unbeabsichtigt) sogar das eigene Team schwächen (Teampartner registriert „Ohje, er kann nicht mehr“), oder den Gegner stärken („Da läuft es nicht so, jetzt gebe ich erstrecht Gas!“).

Aber die gute Nachricht ist, mit der Erklärung vom vorigen Absatz wisst ihr: Es lässt sich gezielt steuern, und ihr habt sogar gleich zwei Ansatzpunkte:

  1. Achtet auf eure Gedanken, denn sie führen zu (körperlichen) Reaktionen (z. B. statt „Das wird nichts“ -> „Beim nächsten Mal schaffe ich es“)
  2. Nehmt Einfluss auf eure Körpersprache, denn sie hat Einfluss auf eure Zuversicht und ist von außen sichtbar (z. B. statt Kopfschütteln nach einem Fail -> fokussierte, aufrechte, starke Körperhaltung, Konzentration sammeln für den nächsten Versuch)

Also: Athletes, watch your body language!

 

Beobachtung 3: Teamwork und Kommunikation im Team

Wenn Menschen im Team zusammenarbeiten bringen sie häufig eine geringere Leistung, als wenn sie auf sich alleine gestellt sind. Das mag auf den ersten Blick komisch klingen, hier aber mal ein Beispiel: Wir lassen fünf Menschen so kräftig wie möglich nacheinander alleine an einem Tau ziehen und messen die Kraft, mit der die Personen ziehen. Mal angenommen, jede Person schafft hier genau 100kg. Wenn wir die fünf Personen nun zusammen im Team an dem Tau ziehen lassen, würden wir erwarten, dass die Kraftmessung 500kg ergibt. Das spannende Ergebnis ist jedoch: Im Team schaffen die Menschen bis zu ein Drittel weniger Gewicht, als sie schaffen müssten, wenn man von den Einzelergebnissen ausgeht. Dieser Effekt nennt sich Ringelmann-Effekt und wurde 1913 vom Forscher Max Ringelmann entdeckt, als dieser die Arbeitseffizienz von Landwirten untersuchte.

Die Kraftverluste bei der Teamleistung lassen sich auf mehrere Ursachen zurückführen. Eine davon ist die soziale Interaktion. 

Auch CrossFit Teams auf dem Competition Floor arbeiten zusammen und interagieren auf sozialer Ebene miteinander. Ein wichtiger Faktor ist hier die Kommunikation. Und dies war für mich auf der FIBO ein sehr sehr spannender Punkt. Manchmal kam es mir so vor, als hätte es bei einigen Teams im Vorhinein kaum Absprachen und damit auch kaum Kommunikation gegeben. Es tauchten so Situationen auf wie „Wer startet jetzt zuerst in den Handstand-Walk? Machst du? Nee? Ja nee okay, dann geh ich halt.“ Das kostet wertvolle Sekunden und lässt sich durch klare Aussagen und Absprachen im Vorhinein super easy lösen. -> „Ich gehe in den ersten HS Walk, du machst den zweiten“.

Ähnliches Spiel bei den Worm Thrusters: Wie viele No Reps es da manchmal einfach gab weil nicht klar war: Wie viele wollen wir machen? Und wie viele wollen wir schaffen? Person 1 ist erschöpft, möchte den Satz brechen, kommuniziert dies aber nicht adäquat an Person 2 und zack kommt eine unnötige Schwurbel-No-Rep-Wiederholung dabei raus, die man besser für eine kurze Regeneration hätte nutzen können. Auch hier also wieder Prozessverluste durch mangelnde Kommunikation. 

Aber es gab auch gegenteilige Beispiele, was mich riiiiieeesig gefreut hat: Ein Team hat sich vorher beispielsweise bei den Thrustern ganz klar darauf verständigt: „Jetzt noch 10 Sekunden Pause, dann X Reps.“ Beide zählten zusammen (<3) bis 10, nahmen den Wurm auf, machten die Reps, ließen das Ding gemeinsam fallen und dann wieder von vorne. Nice one! 

Ein weiteres Highlight war für mich ein Team beim Rudern: Die Aufgabe waren 1000m Rudern, Person 1 auf dem Rower, währenddessen hat Person 2 Pause. Die meisten Teampartner auf dem Floor haben die Pause genutzt, um “einfach wieder klar zu kommen” und etwas anzufeuern. Daher war spannend zu beobachten, dass ein Team hier eine ganz klare Aufgabenverteilung hatte: Person 1 sitzt auf dem Rower, Person 2 macht active recovery, feuert an UND checkt in der Zwischenzeit die Pace der Gegner, um dem Teampartner auf dem Rower die Rückmeldung zu geben “Du machst das stark, weiter so, alle anderen liegen so um die 01:XX, sieht also echt gut aus, weiter so”. Damit hat diese Person sogar ihre Pause super strategisch genutzt und mit ihrer Kommunikation und ihrem Verhalten aktiv zur Teamleistung beizutragen und das fand ich einfach nur cool! 

Also: CrossFit-Teams, gute Kommunikation = (noch) bessere Leistung!

 

 

Vielen Dank an Jana P., dass ich dein Foto als Titelbild für den Blogbeitrag verwenden durfte! Jana hat mega coole Fotos vom Showdown gemacht, schaut unbedingt mal bei ihr vorbei :)!

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